45. und 46. Tag: Donostia-San Sebastián…. Tage 3 und 4

Montag, 13.6.2022

Am 3. Mai war Donostia-San Sebastián die erste Station unserer Spanienreise…. damals war das Wetter trüb und windig. Trotzdem ist es für uns eine der eindrucksvollsten Städte in Nord-Spanien geworden. Jetzt, gegen Ende der Reise, ist Donostia-San Sebastián auch unser letztes Ziel in Spanien…. diesmal bei Sonnenschein!

Map data ©2022 Google

Dieses Mal nehmen wir nicht den Stellplatz Autokarabanak Paseo de Berio nahe der Uni, sondern den Camping Igueldo etwas oberhalb von San Sebastián. Da ist es doch etwas komfortabler als auf dem recht engen Stellplatz.

Es gibt einen regelmässigen Linienbus der Linie 16, der fährt bis Okendo Kalea 18 nahe der Altstadt. Heute wollen wir zuerst zum Peine del Viento, dem Kamm des Windes (bask. Haizearen Orrazia), da steigen wir am Funikular Plaza aus, von dort sind es nur ein paar 100 m.

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Das Strassenschild…. Eduardo Chillida Pasealekua

Blick auf die Isla de Santa Clara

Peine del Viento, der Kamm des Windes (bask. Haizearen Orrazia), das grossartige Ensemble von monumentalen Skulpturen aus Stahl von Eduardo Chillida…. und gleich das erste Foto sitzt! 😀

Die Skulpturen sind aus massivem Stahl gefertigt und jede Skulptur wiegt etwa 10 Tonnen. Sie wurden bei der lokalen Giesserei Patricio Etcheberría in Auftrag gegeben.

Das Material ist ein Cortenstahl (mit einem Kohlenstoffanteil <0,2 % und anderen Legierungselementen wie Cu, Cr, Ni und P), der mit einer als Patina bezeichneten Schutzschicht überzogen ist, die ihm ein raues Aussehen mit einer erdigen Farbe verleiht. Darüber hinaus schützt die Patinaschicht vor atmosphärischer Korrosion, insbesondere wenn dies aufgrund des Standorts erforderlich ist.

Eduardo Chillida arbeitete zwischen 1952 und 1999 an einer Serie von insgesamt 23 Windkämmen. Von besonderer Bedeutung war ihm aber die Gruppe von drei Stahlskulpturen an der Felsenküste am westlichen Ende der Bucht La Concha von San Sebastián, die 1977 installiert wurden. Tatsächlich handelt es sich hier um ein frühes Beispiel einer künstlerisch-ganzheitlichen Platzgestaltung nach dem spanischen Bürgerkrieg. Die enge Zusammenarbeit zwischen einem Künstler und einem Architekten, hier Chillidas Schulfreund Luis Peña Ganchegui, war zu dieser Zeit noch aussergewöhnlich. So ist ein Ort entstanden, der nicht nur ein künstlerisch-visuelles Erlebnis vermittelt, sondern u.U. auch ein akustisch-sinnliches Natur-Erleben ermöglicht: beim Bau der Plattform wurden darunterliegende Hohlräume zwischen den Felsen offen belassen. Diese Hohlräume sind dabei zum Meer hin offen. Nach oben hin durchstossen Öffnungen wie Düsen die Plattform. Durch sie hört man bei schwerer See nicht nur die Brandung gegen die Felsen unter der Plattform schlagen. Die Gischt kann dann mit einer Fontäne durch die 7 Düsen peitschen. Die Zahl 7 wird dabei von den Basken als Symbol für die 7 baskischen Provinzen gelesen.

Ein beliebtes Spiel, sich Luft in die Hosen blasen zu lassen…. manchmal ist auch Gischt dabei…. dann wird’s unten rum nass! 😀

Ich habe mir diesen Ort niemals ausgesucht. 
Der Ort hat mich ausgesucht.
Eduardo Chillida

(…) immer wieder variieren sie das Motiv des Festhaltens und Befreiens, des Öffnens und Einfangens. Besonders eindrücklich lässt sich dies in San Sebastián erleben: Just dort, wo der Atlantik auf die steilen Uferklippen brandet, wo die Elemente sich aneinander reiben, hat Chillida drei rostige Zangenwesen in den Fels gerammt, sie greifen aus in den Horizont, möchten halten, was nicht zu halten ist. Für ihn war dies der ideale Platz, er wollte seine Skulpturen nicht einkerkern in Museen, er wollte sie dramatisieren, damit sie zu Kunstorten werden, an denen sich das Grenzenlose am Begrenzten bricht.

Hanno Rauterberg Ein Kraftkünstler: Eduardo Chillida Die Zeit 35/2002

So kann’s auch gehen! 😀

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Ein beliebtes Motiv für Selfies

In der Tiefe atmet die Luft oder der Geist, waltet ein unnennbarer, sich nicht enthüllender Urgrund, der sich aller Formung entzieht. Dem Menschen bleibt die Ahnung, das Sich-Herantasten an eine andere Wahrheit als die der Welt. Näher dem Unbekannten trachtete Chillida zu kommen, sich einzuschiffen in das Floss des Unsagbaren und Unbekannten. Er ist einer der seltenen Künstler, die in der Kunst nicht die Zurschaustellung suchten, sondern die demütige Frage. Er bildet, formt und er-öffnet Fragen, die er uns in der Hoffnung anheimgibt, wir möchten die geistige Schönheit der Frage erkennen.

Sophia Willems Eduardo Chillida: Näher am Unbekannten In: Heinz Althöfer Informel. Die Plastik – Gestus und Raum

Die Skulptur heisst Peine del Viento XV, weil sie die fünfzehnte Skulptur der Serie ist, zu der sie gehört…. eine Reihe von Prototypen und Skulpturen namens Estudio Peine del Viento, mit denen Chillida experimentierte.

Insgesamt baute er bis zu seinem Tod im Jahr 2002 mindestens 23 Versionen des Windkamms, die er chronologisch nummerierte. Die derzeit installierten entsprechen den Nummern 14, 15 und 16.

Der ursprüngliche Name auf Baskisch ist Haizearen orrazia XV oder Peine del Viento XV, obwohl er umgangssprachlich oft El Peine de los Vientos (Der Kamm der Winde) im Plural genannt wird.

Originalskizze von Eduardo Chillida

Chillida liess einen Grossteil seiner Eisenarbeiten bei Patricio Echeverría, einem der grössten Metallurgieunternehmen des Baskenlandes mit Sitz in Legazpi, in dessen Museum die Arbeitsgeräte des Bildhauers und seine Skizzen zu sehen sind. Die Fabrik hat ihren Ursprung in den Schmieden, die es in der Gegend seit der Antike gab. Und wie man auf den Fotos sieht, stammen die Schloemann-Schmiedehämmer aus Deutschland von Schloemann-Siemag AG (heute SMS group GmbH).

Ebenfalls führte Sidenor in Reinosa (Kantabrien) Arbeiten für Chillida aus.

Beeindruckend, welche Massnahmen nötig waren, um den Felsen zu stabilisieren, so dass er trotz des Risses noch die 10 to schwere Skulptur aufnehmen kann….

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…. hier sieht man die umfassenden Befestigungsmassnahmen….

…. wie lange das wohl hält?

Bis jetzt sind es erst 45 Jahre!

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Für die Platzierung der Skulpturen wurden viele Methoden geprüft, z. B. Lastkähne, Hubschrauber oder Kräne. Schliesslich wurde eine stabile Brücke mit Schienen über das Meer gebaut, die den Gezeiten, den Wellen und dem Gewicht der Skulpturen standzuhalten konnte. José María Elosegui war der Ingenieur, der den komplizierten Prozess des Baus des heutigen Peine del Viento leitete.

Meine Skulptur Peine del Viento ist die Lösung einer Gleichung, die anstelle von Zahlen Elemente enthält: das Meer, den Wind, die Klippen, den Horizont und das Licht. Die Stahlformen vermischen sich mit den Kräften und Aspekten der Natur, sie sprechen zu ihnen, sie sind Fragen und Antworten.

Das sagte Eduardo Chillida über sein eigenes Meisterwerk.

Und auch das sagte er:

Der Künstler weiss, was er tut, aber damit es sich lohnt, muss er diese Barriere durchbrechen und das tun, was er nicht weiss.

Leider erfahren wir erst nach unserer nächsten Reise, dass sich ganz in der Nähe von San Sebastián, in Hernani, das Museo Chillida Leku befindet…. das kommt definitiv auf die To-do-list…. wieder einer von vielen Gründen, in’s Baskenland oder País Vasco oder Euskal Herria zu reisen.

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Einige Meter weiter vorn hat sich ein Strassenkünstler niedergelassen….

…. der aus Draht verschiedene Fahrradmodelle herstellt….

…. wir finden nicht heraus, welche Muttersprache er hat, mit englisch und spanisch können wir uns einigermassen mit ihm verständigen, dass wir gerne ein blaues Bike haben möchten. In einer halben Stunde könnten wir es abholen…. es wird fast eine ganze Stunde daraus, aber wir haben ja Zeit….

…. das Ergebnis gefällt uns sehr und wir bestellen bei ihm noch ein gelbes Bike für morgen Vormittag.

Am Strand ist jetzt deutlich mehr los als Anfang Mai!

Der Loretopeko tunela…. je nach Tageszeit immer neue Farbenspiele

La Perla…. Restaurant, Bar, Cafeteria, Fitness, Wellness…. für den grösseren Geldbeutel

Blick auf’s alte Ayuntamiento (Rathaus)

Pintxos Time…. das Mesón Portaletas in der Portu Kalea (span. Calle Puerto, dt. Hafenstrasse)

Für 2 Personen…. ein Teller mit 10 verschiedenen Pintxos drauf zum teilen….

…. zwei Gläser Txakoli…. das gehört im Baskenland einfach dazu!

…. und eine Tarta de queso…. himmlisch!

Es macht Spass, durch die beinahe endlosen Gassen zu schlendern…. wir haben die Sehenswürdigkeiten gesehen, die wir sehen wollten und können uns jetzt einfach treiben lassen….

…. und auf der Konstituzio Plaza (span. Plaza de la Constitución, dt. Platz der Verfassung) in einer der zahllosen Bars und Cafés etwas trinken und dem bunten Treiben zuschauen.

Langsam machen wir uns auf den Weg zum Bus.


Dienstag, 14.6.2022

Heute Vormittag ist es trüb…. wir fahren wie gestern zum Peine del Viento, um den Strassenkünstler zu treffen und das bestellte gelbe Bike abzuholen. Er ist nicht ganz pünktlich…. also habe ich etwas Zeit um noch ein paar Fotos zu machen! 😀

Der Strassenkünstler kommt tatsächlich noch und hat das gelbe Bike dabei. Vermutlich habe ich jetzt für andere Touristen die zukünftigen Preise verdorben, aber er will nur 6 € für ein Bike…. ich habe ihm das Doppelte gegeben, das ist für eine Stunde Arbeit pro Bike und das Material immer noch nicht viel…. er freut sich und ich muss kein schlechtes Gewissen haben.

Die Station Ondarreta des Funicular de Igueldo…. das ist eine historische Standseilbahn, die auf 312 m Länge 151 m Höhenunterschied überwindet. Sie wurde von der Schweizer Firma Von Roll aus Bern gebaut und 1912 eingeweiht.

License CC0 1.0 Universell, Public Domain

Hier ist ein kurzes Video

Oben auf dem Berg befindet sich der Parque de Atracciones Monte Igueldo, ein Vergnügungspark

Der Miramar Jauregia partzuergoa (span. Palacio Miramar)

Unten auf der Uferstrasse Mirakontxa Pasealekua ist Baustelle, da ist es angenehm eine Etage höher zu laufen!

Obwohl es nicht so aussieht, es ist heute knapp 30° warm!

Das Donostiako Karrusela im Alderdi Eder parkea

Nochmal am Hafen….

…. bevor wir wieder in einer Pintxos-Bar verschwinden! 😀

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Für Regula habe ich noch ein kleines Andenken gekauft….

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ein Minibuch….

…. einen Gedichtband von Federico García Lorca

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Wir haben zwar noch ein paar Tage…. aber morgen werden wir Spanien verlassen…. leider!

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